Schwerpunkt Schlaf

Chronobiologie - unserer innere Uhr und

Das Geheimnis guten Schlafs

BRD, 2011
Dauer: 9:08 min
Zwei Beiträge von Florian Beck und Christian Schnelting

Sie klingen noch nicht gerade philharmonisch, die Digeridoos, in die Stefanie Pippig, Susanne Meyer und Marcel Cornelius da hineinblasen. Doch der Klangtherapeut Jakob Wagensonner ist begeistert – und gibt noch ein paar Instruktionen zur richtigen Atmung. Denn um die geht es eigentlich, wenn die drei Teilnehmer seines aktuellen Digeridoo-Kurses den Maori nacheifern. So kann die Zirkularatmung trainiert werden, erläutert Wagensonner – und das ist gut gegen Schnarchen und andere den Schlaf der Betroffenen und ihrer Lebenspartner störenden Nebengeräusche. Und das könnte vielen helfen. Schließlich schläft laut einer Forsa-Umfrage jede zweite Frau und jeder vierte Mann in Deutschland schlecht. Und viele von ihnen haben Schlafapnoe – eine gefährliche Volkskrankheit, wie Professor Jürgen Zulley, den Leiter des schlafmedizinischen Zentrums der Universität Regensburg, betont: laut einschlägiger Untersuchungen sind hierzulande über 6 Millionen Menschen Schlafapnoetiker – 95 Prozent von ihnen unerkannt. Und Schlafapnoe  kann Herzrasen, Bluthochdruck, Beklemmungsgefühle und Erstickungsängste verursachen und das Herzinfarktrisiko um das 300-fache erhöhen. Doch auch wenn es nicht so schlimm wird, ist richtiges Handeln wichtig: Denn  Manche lassen sich nicht abstellen, manche provoziert man geradezu selbst. So haben unlängst Wissenschaftler der Charité Berlin herausgefunden, dass allein zehn Minuten normaler Badezimmerbeleuchtung die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin stören, das den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus regelt. Jetzt wird vermutet, dass gerade das abendliche Sitzen vor dem Computer einem guten Schlaf im Weg steht. Denn besonders das blaue Licht der Bildschirme bringt den Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander. Zudem betont Jürgen Zulley von der Universität Regensburg: „Arbeiten und daddeln am Computer ist besonders negativ für den Schlaf, weil man so konzentriert und nah am hellen Bildschirm sitzt“, erklärt der Experte. Zuhause bei Marcel Cornelius: 20 bis 25 Minuten muss der von Schlafstörungen Geplagte jeden Tag üben. Doch das ist es ihm wert.

Egal wie der Wecker klingelt  – er klingelt meist zu früh und selten wird der Geweckte dabei sanft aus dem Schlaf geholt. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten der Geweckten auch schon auf. Denn wo der eine wie nach einem Jungbrunnen aus dem Bett springt, quält sich der andere aus den Federn – und kommt einfach nicht in Gang. Er hätte eigentlich noch ein paar Stunden mehr Schlaf gebraucht. Frühaufsteher sind fleißig, Langschläfer elende Faulenzer. So oder so ähnlich war das schon immer, so oder so ähnlich wird das auch heute noch gesehen. Doch die lange Haltbarkeit der These macht sie nicht richtiger – ist Professor Till Roenneberg überzeugt. Er leitet am Institut für Medizinische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München die Arbeitsgruppe für medizinische Chronobiologie – und ist dabei, mit seinen Mitarbeitern und diversen Feldversuchen eine Reihe von einst ehernen Regeln zu unserem Schlaf- und Wachverhalten zu erschüttern. So gibt es für ihn den Gegensatz Langschläfer-Frühaufsteher nur als gesellschaftliche Normierung. Medizinisch aber gibt es nur Frühaufsteher und Spätaufsteher sowie Frühschläfer und Spätschläfer – ein jeder ein anderer „Chronotyp“ mit einer individuellen inneren Uhr. Und er kann nichts dafür. Denn die Gene bestimmen, ob man Lerche oder Eule ist. Wer sich dem widersetze, leide unter Schlaflosigkeit und Erschöpfung  – rund die Hälfte aller Mitteleuropäer leben nach einer Studie im „sozialen Jetlag“. Günter Woog  weiß, wovon Ronneberg spricht: Der selbständige Grafiker frühstückt, wenn andere Menschen schon die erste Brotzeitpause hinter sich haben. Günter Woog ist eine Eule, ein Nachtmensch – und hat eine lukrative Festanstellung aufgegeben, weil er mit den vorgeschriebenen Arbeitszeiten nicht zurechtkam. Nicht jeden erwischt es so schlimm. Doch so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich ist ihr natürlicher Tagesrhythmus – und da sich nicht jeder sein Berufsleben so hinbiegen kann, wie Günter Woog, empfiehlt Chronobiologie Roenneberg, sich zunutze zu machen, dass Licht unsere innere Uhr beeinflusst - insbesondere die Dämmerung, der Wechsel von Tag und Nacht, spielt eine große Rolle für Prozesse im Körper. Um in der Früh rechtzeitig aus den Federn zu kommen, sollte man morgen einen Spaziergang an der frischen Luft machen, lautet seine Empfehlung. Wer dagegen abends länger wach bleiben will, zum Beispiel für Spätdienste, sollte morgens mit Sonnenbrille ins Freie gehen – auch wenn es bewölkt ist. Denn während in einem Innenraum bestenfalls 100 bis 200 Lux gemessen werden, kommt ein bewölkter Himmel schon auf 10.000 Lux. Günter Woog, der mittlerweile einen eigenen „Verein für Zweitnormalität“ gegründet hat,  braucht auf solche Tricks nicht zurückzugreifen. Er hat sich sein Leben nach seinem chronobiologischen Rhythmus, seiner inneren Uhr einrichten können  -  und achtet heute peinlich darauf, ihn einzuhalten. Und wenn Woog seinen zweijährigen Sohn Julian ins Bett gebracht hat, setzt Günter Woog sich gerne wieder an den nur noch von einer Lampe beleuchteten Schreibtisch. Denn jetzt, wenn die Sonne untergegangen ist, beginnt seine kreativste Zeit – und die will er im Fall eines Falles auch seinem Sohn erstreiten. Denn Woog hält die Einhaltung des eigenen chronobiologischen Rhythmus für ein Menschenrecht – und das würde er womöglich sogar einklagen, wenn sein Sohn Julian Probleme mit dem frühen Schulbeginn in Deutschland bekäme.

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