BRD, 2023
Dauer: 0:27 min
Ein Film von Florian Beck und Christian Schnelting
Arbeiten im Kollektiv statt mit Chef vor der Nase oder soloselbständig: Zwei junge Handwerker haben sich in ihrem alternativen Arbeitsalltag begleiten lassen und erzählen von ihren Erfahrungen:
45 Jahre gibt es das Ruffini in München schon. Es ist nicht nur Café-Restaurant mit Konditorei und Weinhandel, sondern auch das älteste Kollektiv der Stadt. Eines ihrer jüngsten Mitglieder: Mathilda, 29. Sie ist Konditorin. Den größten Teil ihrer Arbeitszeit verbringt sie allerdings seit ein paar Monaten auf einer Baustelle: Die Backstube wird renoviert – und Mathilda ist mittendrin. Und sie hat als Kollektivistin die Aufgabe übernommen, die Bauarbeiten zu begleiten und mit Hand anzulegen. „Es ist eine wahnsinnige Herausforderung. Lange Zeit war ich sehr nervös, weil das so ein Riesenbrocken ist.“ Doch mit dieser Aufgabe ist sie nicht auf sich allein gestellt. Denn im Kollektiv teilen sich alle 26 Gesellschafter die Verantwortung, fällen alle grundsätzlichen Entscheidungen gemeinsam – und erhalten alle den gleichen Stundenlohn, egal ob Konditormeister, Barkeeper oder Koch. „Man muss bei 26 Gesellschaftern durchaus kompromissbereit sein, denn anders macht es keinen Sinn“, erzählt Mathilda ohne Bedauern. Für sie wird die Anstrengung aufgewogen durch ein Miteinander, das sie nicht missen möchte: „Eine Konditorei ist in der Regel sehr hierarchisch. Es gibt den Backstubenleiter, es gibt den Meister, die Gesellen. Dann kommen irgendwann die Azubis, die werden meistens ausgebeutet. So will ich nicht arbeiten.“
Ganz am Anfang steht das Kastenbau-Kollektiv in Witzenhausen. Und doch gibt es nach zwei Jahren Vorbereitungszeit schon feste Rituale: Wenn Jonas, 29, und seine drei Handwerker-Kollegen in ihren Arbeitstag starten, steht am Anfang eigentlich immer eine Befindlichkeitsrunde. Da kommt alles auf den Tisch, auch Persönliches und Privates. Verschenkte Zeit? „Wir haben festgestellt, dass das die Effizienz sogar steigert, weil wir danach halt viel weniger Probleme mit Konflikten und Reibungen haben“ – und mehr Energie, um ihr Projekt eines modularen Tiny House an den Start zu bringen. Entschieden wird im Konsens – und wenn es noch so lang dauert. Jonas ist überzeugt: „Das funktioniert glaube ich viel besser, als wenn eine Person entscheidet, und alle müssen das umsetzen.“ Außerdem „bin ich richtig glücklich, dass ich jetzt im Kollektiv arbeite, weil ich den Eindruck habe, wir können uns damit besser wertschätzen.“